Richtlinien der Gemeinsamen Arbeitsgruppe Arzneimittel der Kassenärztliche Vereinigung und Verbände der gesetzlichen Krankenkassen in Westfalen-Lippe
„Aut idem“ ist lateinisch und bedeutet „oder das Gleiche“. Damit ist gemeint, dass in der Apotheke anstelle des vom Arzt verordneten Medikaments in ein Präparat eines anderen Herstellers mit gleichem Wirkstoff getauscht wird. Arzneimittel, die nicht mehr patentgeschützt sind, werden von verschiedenen Herstellern angeboten (Generika). Der Wirkstoff in Qualität und Menge ist stets der gleiche und auch die Wirkung auf den Organismus ist identisch. Die so genannte Bioäquivalenz zum Originalpräparat müssen die Hersteller vor der Zulassung nachweisen.
Warum existiert diese scheinbar umständliche Regelung?
Wenn das "Aut-idem-Kreuz" fehlt und das verschriebene Medikament nicht vorrätig ist, kann der Apotheker den Patienten dennoch mit dem benötigten Wirkstoff versorgen. Aufgrund der Vielzahl von Arzneimittelfirmen – der "Bundesverband der Arzneimittelhersteller" repräsentiert >300 Hersteller – kann kein Apotheker sämtliche Präparate aller Hersteller vorrätig halten.
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Der Wirkstoff von Aspirin ist Acetylsalicylsäure, der schmerzstillend, entzündungshemmend und fiebersenkend wirkt. Wenn der Arzt zuvor Aspirin Tabletten 500 mg verschrieben hat, wird er Ihnen nun beispielsweise Acetylsalicylsäure 500 mg Tabletten verordnen, da es sich um denselben Wirkstoff, dieselbe Wirkstärke und dieselbe Darreichungsform (Tabletten) handelt – also "aut-idem" oder "oder das Gleiche". Der Apotheker wählt dann eines der drei preisgünstigsten Präparate mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure, zum Beispiel ASS AL 500 Tabletten.
Das hilft, die Kosten für Patienten und Krankenkassen niedrig zu halten. Zudem haben viele Krankenkassen Rabattverträge mit Pharmaunternehmen, wodurch die Preise vieler Medikamente erheblich unter den Listenpreisen liegen. Ohne "Aut-idem-Kreuz" muss der Apotheker diese Rabattverträge einhalten, was erneut zu erheblichen Einsparungen führt.
Die Beispiele verdeutlichen, dass die Hauptmotivation für diese Regelung in der Kostensenkung von Arzneimitteln liegt. Angesichts steigender Gesundheitskosten ist dies eine notwendige Maßnahme, um das Gesundheitssystem bezahlbar zu halten. Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes (AMNOG) vom 01.01.2011 legt Verfahren fest, die auf eine Kostensenkung abzielen. Der Apotheker ist gesetzlich verpflichtet, das günstigste Medikament abzugeben, es sei denn, der Arzt dokumentiert medizinische Gründe durch das "Aut-idem-Kreuz". Würden Ärzte es aus Bequemlichkeit häufiger setzen, riskieren sie Regressansprüche und müssten unter Umständen selbst für die verordneten Medikamente bezahlen. Krankenkassen, die behaupten, alles zu bezahlen, verschweigen oft diese Tatsache. Kassenärztliche Vereinigungen empfehlen schon lange, nur Medikamentenwirkstoffe zu verordnen (z.B. „Ramipril-Tabletten à 10 mg, 100 Stück“).
Auszug aus dem Rundschreiben der KVWL Dezember 2023:
Das AMNOG ermöglicht es Patienten jedoch, die aus persönlichen Gründen ein bestimmtes Medikament wünschen, es aber keine medizinischen Gründe dafür gibt, dies in der Apotheke zu verlangen. Sie müssen es jedoch zunächst selbst bezahlen (Stichwort „Kostenerstattung“). Die Krankenkasse erstattet nur den Preis des günstigsten verfügbaren Medikaments; der Patient muss unter Umständen einen erheblichen Teil der Kosten selbst tragen.
Gibt es ernsthafte Argumente gegen diese Regelungen? Aus unserer Sicht nicht, denn ein Medikament darf nur gegen ein genau gleiches ausgetauscht werden. Die Qualität der Medikamentenversorgung bleibt unbeeinträchtigt. Auf mögliche Einsparungen zu verzichten wäre unvernünftig. Der mögliche Wechsel der Tablettenfarben, -formen und -schachteln kann den einen oder anderen Patienten zwar verwirren, dies kann jedoch im Gespräch in der Regel geklärt werden. Kritiker argumentieren oft, dass der Wirkstoff in verschiedenen Präparaten gleich sei, aber verschiedene Zusatzstoffe zu Unverträglichkeiten oder veränderter Wirksamkeit führen könnten. Dieses Phänomen ist prinzipiell möglich, jedoch in der Praxis extrem selten.
Zusammenfassend:
1. Das "Aut-idem-Kreuz" ist nur in Einzelfällen medizinisch erforderlich. In der Regel setzen wir es daher nicht.
2. Die Qualität der Medikamentenversorgung bleibt durch die Austauschregelung unbeeinträchtigt.
3. Die Umsetzung der Regelung führt oft zu Irritationen und Diskussionen. Angesichts der Kostenexplosion im Gesundheitswesen müssen wir alle das ertragen – Ärzte, die häufig aufwändige Erklärungen liefern müssen, und Patienten, die Irritationen durch häufig wechselnde Medikamentennamen, -farben und -schachteln hinnehmen müssen.
Ihre Drs. med. Roumani-Spree et. al.
Quellen: KVN/WL Gemeinsame Arbeitsgruppe Arzneimittel,
Anlage VII: Aut idem - Gemeinsamer Bundesausschuss,
www.g-ba.de/richtlinien/3/, § 11 (3)
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